Eines Tages wachte der König auf und alles war ihm fremd geworden. Die Bilder, die an den Wänden seines Schlosses hingen, hatte er noch nie gesehen, sein Bett war von einem Tag auf den anderen ganz unbequem geworden und der Fischgrät-Parkettboden in seinen Gemächern, versetzte ihn jeden Morgen erneut in Staunen. Seine Haushälterin, die singend mit dem Staubwedel durch das Schloss tanzte, hatte er noch nie gesehen und sein italienischer Koch, der früher einmal Opernsänger gewesen war, kam ihm zwar irgendwie bekannt vor, irgendwie aber dann doch auch wieder nicht. Und nicht nur das! Die Mahlzeiten, die der König früher so geliebt und genossen hatte, schmeckten nach rein gar nichts! Er suchte im ganzen Schloss nach etwas, was ihm bekannt vorkam, doch nichts, wirklich rein gar nichts, sagte ihm etwas. Er blätterte durch die Bücher in den Regalen und war sich sicher, sie niemals gelesen zu haben. Doch den grössten Schreck erfuhr er, als er auf den riesigen Schlossgarten blickte. Was war das nur für ein Gestrüpp und Unkraut und wer waren überhaupt all diese Menschen, die dieses hegten und pflegten? Während er versuchte, sich in dieser fremden Umgebung zurecht zu finden, er wusste nicht einmal mehr wo das Badezimmer war, wurde ihm von Sekunde zu Sekunde unwohler. «Wo bin ich hier?» Fragte er sich, «Und was mache ich überhaupt hier?»
Alle schienen genau Bescheid zu wissen und wirkten so sicher in dem was sie da taten. Sie wirkten zufrieden auf ihn, nur er irrte in diesen fremden Gemächern herum und bemühte sich, die anderen nicht merken zu lassen, dass er keinen blassen Schimmer hatte, wo er gerade war. Er lächelte, wenn er dachte, es sei angebracht, schaute beiseite, wenn er nicht weiter wusste, nickte oder tat sehr beschäftigt. Manchmal schaute er auch einfach nur seine Fingernägel an oder kratzte sich am Ohr.
Die Tage vergingen. Mittlerweile hatte der König selbstverständlich einen Arzt kommen lassen, der ihm unanzweifelbare Gesundheit bescheinigt hatte, was den König nicht wirklich beruhigen konnte, da er schon immer ein leichter Hypochonder war. Das gab ihm allerdings die Gewissheit, dass sein plötzlicher amnesieartiger Zustand gepaart mit übersteigertem Unwohlsein, keine körperlichen Ursachen hatte.
Eines Morgens war ihm auch noch seine Kleidung zu eng geworden. Er fragte also die fremde Haushälterin, was sie von seiner Kleidung hielt, doch diese strahlte ihn nur an und sagte „Aber König, die Kleidung passt dir doch wie immer ganz wunderbar!“ Da fragte er sich, ob ihm jemand einen Streich spielen wollte und hier des Kaisers neue Kleider gespielt wurde, ein Märchen, das man Kindern erzählte, und wieso hier überhaupt alle per du waren. Es blieb dem König nichts anderes übrig als den ganzen Tag in der Badehose rumzulaufen, denn er hielt diese viel zu enge Kleidung einfach nicht aus. Eines Tages spürte er auch noch eine tiefe und schwere Einsamkeit in seiner Brust und während er so durch die ihm fremd gewordene Umgebung lief und alles betrachtete, bekam er schreckliches Heimweh. Er erzählte dem italienischen königlichen Koch davon, in der Hoffnung, er würde ihn verstehen, schliesslich war er Italiener und Italien war mindestens so weit weg vom Königreich wie der Mond. Doch der königliche Koch verstand rein gar nichts „König“, sagte er ,“ hier ist doch der schönste Ort der Welt und du hast das allerschönste zu Hause, das man sich vorstellen kann! Vielleicht brauchst du ganz einfach Ferien!“ Da merkte der König, dass etwas ganz und gar nicht stimmte und Ferien, wollte er schon gar nicht machen, viel eher auf der Stelle verschwinden. Zum Glück hatte der König ein fliegendes Bett, also beschloss er, ganz einfach davon zu fliegen. Er packte seine sieben Sachen Illinois 312 find phone , warf sie auf das Bett, schnallte sich an, drehte am Bettknopf und flog davon.
Er flog so hoch es ging, immer höher und höher und schwebte durch den Himmel. Und als das Königreich nur noch ein kleiner Punkt war, fühlte sich der König ganz erleichtert. Zum ersten Mal seit langer Zeit konnte er wieder durchatmen und allmählich verschwand auch das schwere Gefühl der Einsamkeit und des Heimwehs. «Komisch», dachte der König, «Dabei bin ich doch hier ganz alleine mit mir…» Er döste eine Weile und während das Bett im Wind vor sich hin- und herschaukelte, fühlte sich der König ganz zufrieden. Als er genug geruht hatte, beschloss er, das bunte Treiben in dem Königreich aus der Ferne zu betrachten. Er flog näher ran, aber nur so weit, dass ihn niemand sehen konnte und beobachtete das bunte Treiben. Vorallem der Schlossgarten weckte sein Interesse, denn er sah kein Unkraut und kein Gestrüpp mehr, sondern viele bunte, prächtige Blumen und Insekten und daran begann er Gefallen zu finden und er konnte sich kaum satt sehen. Und auch der Fischgrät-Parkett bewies, dass er wohl einen exzellenten Geschmack haben musste. Er klopfte sich auf die Schulter und rückte seine Krone zurecht. Und während er aus der Ferne dem wunderschönen glockenartigen Gesang von seiner Haushälterin lauschte, erinnerte er sich plötzlich an jede einzelne Strophe und begann mitzusingen.
Und so steuerte der König singend sein Königreich an, diese wunderschönen Blumen wollte er unbedingt aus der Nähe betrachten und den Fischgrät-Parkettboden mit dem besten Putzmittel der Welt pflegen, und die Haushälterin wollte er fragen, ob sie mit ihm zusammen ein Lied singen wollte.
Und weil er nicht gestorben ist, fliegt er noch heute dann und wann in seinem fliegenden Bett weit hinauf in die Lüfte, soweit, bis alles nur noch ein kleiner Punkt ist, schaukelt im Wind und betrachtet dabei sein Königreich aus der Ferne.
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